Was nur wenige über Stéphane Hessel wissen

Stefan Hessel war nicht nur Diplomat, Autor, Resistancekämpfer und Holocaustüberlebender. Was gerade verschämt von unserer Propagandapresse unter den Teppich gekehrt wird, ist Hessels Mitgliedschaft im Russel- Tribunal zu Palästina

Stéphane Hessel

Bei diesem 2009 Tribunal handelt es sich um eine Neubelebung des einstigen Vietnam- Tribunals, welches die Kriegsverbrechen der USA in Vietnam dokumentierte, verurteilte und somit der Weltöffentlichkeit bekannt machte. Es wurde 1966 unter anderem von Bertrand Russel gegründet worden, nach dem dann das Russel- Tribunal zu Palästina benannt worden war. Hessel prangert offen die Handlungen der israelischen Armee in Gaza und den Westbanks als das an, was sie sind – Kriegsverbrechen. Hätte nicht nicht seinerzeit die UN- Menschenrechtscharta mitverfasst und unterzeichnet, was ihm weltweit hohes Ansehen eintrug, hätte Israel ihn sicherlich angegriffen. Ein lesenswerter Beitrag im palästina-israel.blog gewährt interessante Einblicke in das Wirken Hessels in Palästina.

Buchenwald, die UNO und die Menschenrechte

Vor einem Jahr begleitete der Friedensnobelpreisträger von 1986, Elie Wiesel, Präsident Obama nach Buchenwald und hielt dort eine Rede. Er wurde von einem weiteren Buchenwald-Häftling begleitet, Bertrand Hertz. Interessant ist, wen man dort nicht gesehen hat: Stéphane Hessel, einen weiteren Buchenwald-Überlebenden. Der am 20. Oktober 1917 in Berlin Tiergarten geborene Hessel war genau wie die beiden in Buchenwald. Genau wie Elie Wiesel wurde Hessel durch den Lagerwiderstand gerettet, doch ist – im Gegensatz zu Elie Wiesel – Hessels beeindruckende Biographie nur wenigen bekannt, auch nicht, daß er – im Gegensatz zu Wiesel – dort regelmäßig zu Gast ist, aber leider meistens nur als „Zeitzeuge“ wahrgenommen wird.


Interview mit Hessel über acht Minuten auf Kontext TV

Was ihn von Wiesel unterscheidet: Hessel hat aus der KZ-Erfahrung – und das unterscheidet sein Werk von demjenigen Wiesels – nicht die Konsequenz gezogen, sich nur für das eigene Volk einzusetzen, sondern für die Universalität der Menschenrechte einzutreten. Hessel klagt nicht nur an, Hessel gibt Hoffnung. Nicht nur für ein Volk, sondern universell. Das machte ihn zum Schüler und Weggefährten des Verfassers der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und Friedensnobelpreisträgers von 1968, René Cassin. Später war Hessel eine Zeitlang Botschafter Frankreichs bei den Vereinten Nationen.

Heute…

Stéphane Hessel bei der Eröffnung des Russeltribunals für Palästina

Stéphane Hessel bei der Eröffnung des Russeltribunals für Palästina

Hessel engagiert sich nicht nur für die Rechte der PalästinenserInnen, sondern auch für das Recht der „sans papiers“, der MigrantInnen ohne verbrieftes Bleiberecht. Hier seine Antworten auf „drei Fragen“, die der Sender ARTE ihm stellte. Wer sich einen persönlichen Eindruck verschaffen will, dem vermitteln die drei Antworten wie dieses, im Jahr 2009 auf Deutsch geführte Interview, ein Bild von diesem wunderbaren Menschen. Sie wurden im Dezember 2008 aufgenommen, also einen Monat, nachdem Obama zum Präsidenten der USA gewählt wurde, und mit ihm die Hoffnung, daß die USA „eine armselige Ära endlich hinter sich lassen“ – anläßlich der Verleihung des UNESCO/Bilbao-Preises für Menschenrechte an Hessel. Daß die Organisation ATD-Vierte Welt zusammen mit ihm geehrt wurde, dürfte ihm sehr recht gewesen sein.

Stéphane Hessel beantwortet 3 Fragen

Erinnern und Hoffnung schöpfen

  1. Frage: „Welches ist Ihre schönste Erinnerung im Kampf um die Einhaltung der Menschenrechte?“ Antwort: „Eine schöne Erinnerung ist meine Begegnung mit René Cassin, zuerst in London, dann in New York – wie er uns mit Unterstützung seiner Freunde von der UN-Menschenrechtskommission zur Ratifizierung der Menschenrechtserklärung führte, die heute 60 Jahre alt ist, und noch immer Stand hält. Es ist die Erinnerung an diesen 10. Dezember, die mich als jungen Mann geprägt hat. Ich war damals einunddreißig und noch voller Idealismus.“
  2. Frage: „Welches ist Ihre schlimmste Erinnerung im Kampf um die Einhaltung der Menschenrechte?“ Antwort: „Eine sehr schlimme, traurige Erinnerung: ich habe letzten Monat eine Woche in Palästina verbracht, und gesehen, wie dieses Land von den Israelis gedemütigt, kolonisiert und besetzt wird. Dabei war die Gründung des Staates Israel 1948 für uns ein Triumph über die Nazis! Wenn ich heute mit ansehen muss, auf welch infame Weise die Israelis ihre Nachbarn behandeln und die Menschenrechte mit Füßen treten, stimmt mich das traurig. Ja, das ist eine sehr schlimme Erinnerung für mich.“
  3. Frage: „Menschenrechte – wie sehen Sie die Zukunft?“ Antwort: „Ich hoffe, die Wahrung der Menschenrechte wird schon bald wieder das gemeinsame Ziel der Nationen der Welt, jetzt, wo die USA eine armselige Ära endlich hinter sich lassen. Die Zahl der Demokratien auf der Welt wächst und immer mehr junge Menschen engagieren sich für die Einhaltung der Menschenrechte. Wir müssen alles dafür tun, daß unsere Arbeit nicht umsonst war und Verletzungen der Menschenrechte bald der Vergangenheit angehören“.

Goldstone-Report und Russel-Tribunal

Es versteht sich fast von selbst, daß Hessel sich auch für Gaza engagiert. Für die deutsche Übersetzung des Goldstone-Reports schrieb er das Vorwort:
„Da ich im Juni 2009 drei Tage in Gaza war, kann ich auch das persönliche Zeugnis von mir und meiner Frau, die mich begleitete, als volle Bestätigung dafür bringen, daß es sich um schwere Verletzungen seitens der israelischen Streitkräfte gehandelt hat, die man nicht anders bezeichnen kann als Kriegsverbrechen und in mehreren Fällen als ganz willkürlich vollstreckte Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“

Und er fragt: „Wie lange kann dieser Staat – einst ein Objekt internationaler Bewunderung für seine Kreativität und Modernität – den auf ihm lastenden Ruf des Kriegsverbrechers aushalten? Wann schreitet an die Stelle der heutigen schändlichen Regierung ein weiser politischer und moralischer Führer, der es versteht, aus seinen palästinensischen Nachbarn Partner und Freunde zu machen und damit – nur damit! – seine eigene Sicherheit und Langlebigkeit zu begründen?“

Bei der Vorstellung der deutschen Fassung des Goldstone-Reports saß Hessel neben Herausgeber Abraham Melzer auf dem Podium und in diesem Interview mit dem Deutschlandradio stellte sich Hessel erneut ausdrücklich hinter den Report. Stéphane Hessel engagiert sich auch im „Russel-Tribunal on Palestine“, das auf einer Pressekonferenz am 4. März 2009 in Brüssel ins Leben gerufen wurde und sich ausdrücklich auf das legendäre erste Tribunal gegen die Kriegsverbrechen in Vietnam beruft. Für die Kontinuität steht der jetzige Vorsitzende der Bertrand Russel Peace Foundation, Ken Coates.

Die Mitglieder des Tribunals haben auch sofort nach dem Überfall auf die Freiheitsflotille reagiert, diesen Überfall verurteilt und die internationale Gemeinschaft zum Handeln aufgefordert. Neben Stéphane Hessel haben den Appell u.a. unterschrieben: Nurit Peled, Ken Coates, Naomi Klein, Gisèle Halimi, Tariq Ali, Hans von Sponeck, Ken Loach.

Meinen Dank an palaestina-israel.blog.de

zum vollständigen Text geht’s hier

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