Warten auf die Hoffnung

Ich bin Malra. Gemeinsam mit meinem Mann Rafik und unseren beiden Kindern Sisa und Sayed blicke ich zurück auf eine schöne und glückliche Zeit

Bild: Syrian women and war / little shiva / flickr.com / CC BY-NC-ND 2.0

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Diese Zeilen verfasse ich in Damaskus. Wir hatten glücklich in Homs gelebt, aber von der Stätte meiner Jugend ist nicht Liebenswertes mehr geblieben und hier in Damaskus ist es wenigstens einigermaßen sicher, noch. Mein Mann brach vor einem Vierteljahr nach Europa auf. Ich selbst bin Lehrerin und unterrichtete Mathematik und Geschichte. Mein Mann hingegen ist Maschinenbauingeneur. Er hatte schon vor drei Jahren seine Arbeit verloren, als seine Fabrik zerstört wurde. Wie ein Blatt hatte der Wind des Schicksals ihn aus seinem Alltag gefegt, als ihm, der es sich zur heiligen Pflicht gemacht hatte, uns zu ernähren, Geschütze und Raketen seine berufliche Zukunft in Schutt und Asche gelegt hatten.

Wir hatten es gut gehabt in Homs. Unterschiedlichste Menschen trafen sich dort auf dem kleinen Marktplatz oder unter den Arkaden der Cafes rund um den Platz. Und viele Religionen. Bei uns gab es Schiiten und Sunniten, Kopten, Jesiden und wir hatten auch gute Kontakte zu jüdischen Familien. Es gab Reiche und Arme, Kapitalisten und Kommunisten, Philosophen und Metzger, Ärzte und Kupferschmiede. Alle saßen wir gemeinsam des Abends beisammen und teilten uns einvernehmlich unsere kleine, aber heile Welt. Dann kamen die Horden und wir mussten alles stehen und liegen lassen, stattdessen um unser nacktes Leben rennen. Viele rannten damals nicht schnell genug.

Wenngleich unser Haus nicht länger stand, so hatten wir doch genügend Geld auf unserem Konto angespart, um meinem Mann die Reise nach Europa zu ermöglichen, auch wenn wir ein Riesenglück hatten, denn wir erhielten Hilfe. Wir konnten nur ein paar tausend hinzusteuern, aber der nette Mann aus Amerika übernahm tatsächlich den Rest für die Männer, die meinen Mann nach Europa bringen würden. Wir haben zwei Kinder und brauchen dringend das Geld, welches er uns aus Europa schicken wird. In Europa, so hatte man uns gesagt, gäbe es Arbeit in Hülle und Fülle. Gerade Deutschland, dieses Superexportland, sucht ständig Fachkräfte, dass war uns bewusst.

Gestern riefen sie mich an. Sie haben sein Handy gefunden.

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3 Antworten zu Warten auf die Hoffnung

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  2. tag heute schreibt:

    Die öffentliche Phase beginnt mit immer derselben Kriegspropaganda, die Schuld an den eigenen Verbrechen wird dem angegriffenen Land in die Schuhe geschoben; Personifizierung und Verteufelung des den Profitinteressen des Großkapitals gegenüber „ungehorsamen“ Volkes, zudem die ohne UNO-Mandat nach dem Internationalen Recht erlaubt, auch militärisch zu beantwortenden kriegsverbrecherischen wirtschaftlichen Blockaden alias „Sanktionen“.

    Dann schicken sie „die Horden“, bekannt als Washingtons islamisch getarnte Wahhabi-Rebellenoppositionsterroristen, kurz „Daesh“, „Söldner, die anderen ihren Willen aufzwingen“. „Sie kämpfen für Geld und ihr Gott heißt Nato“, wie Syrerinnen und Syrer sagen.

    Wer „nicht schnell genug rennt“ verliert zumindest die „berufliche Zukunft“ und wird als Flüchtling aus der Heimat vertrieben – „Refugees Welcome“, auch wer die wahren Fluchtgründe verschweigt, handelt im Ergebnis menschenfeindlich und steht somit ebenfalls rechts.

    Märchen werden erzählt, in einem Land mit einer Arbeitslosenquote von real über 10 Prozent, gebe es „Arbeit in Hülle und Fülle“. Und dann schicken die „netten Täter“ auch noch US-Dollars für die Reise.

    Man nennt es „Braindrain“, Abwanderung oder Vertreibung der Fachkräfte, im Krieg als Waffe benutzt, um den Wiederaufbau eines vom Imperialismus angegriffenen und schwer beschädigten Landes zu erschweren oder unmöglich zu machen.

  3. ourcorruptworld schreibt:

    ich hoffe, das alles gut wird. aber was ist das gute auf erden wert, wenn bereits soviel kacke passiert ist?

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